Jetzt digitalisiert: Süddeutsche Zeitung
Am 16. September 1913 erschien in Stuttgart eine neue Zeitung: Die Süddeutsche Zeitung, nicht zu verwechseln mit der heute bekannten Süddeutschen Zeitung, deren erste Ausgabe 1945 in München veröffentlicht wurde.
Im Gegensatz zu der bereits im WLB Blog vorgestellten Schwäbischen Tagwacht, die ein dezidiert sozialdemokratisches Profil hatte, verstand sich die Süddeutsche Zeitung als bürgerlich-konservativ. Sie schlug schon in ihrer ersten Ausgabe scharfe Töne an, indem sie sich gegen die angeblich „revolutionäre Sozialdemokratie“ wandte, deren Anhänger als „Todfeinde der bestehenden Gesellschaftsordnung“ bezeichnet wurden. Die unterschiedlichen Weltanschauungen seien in den vergangenen Jahren immer weiter verwischt worden und unter den bürgerlichen Parteien herrsche eine „peinliche Zwietracht“. Es habe einen „Linksabmarsch der bürgerlichen Parteien“ gegeben, auch, da es angeblich keine entsprechende bürgerliche Presse gegeben habe. Zu Vorwürfen dieser Art lassen sich durchaus aktuelle Parallelen entdecken.(1)
Als Sprachrohr der bürgerlichen Parteien sollte nun die neu gegründete Zeitung dienen. Man wollte unter anderm für eine starke Monarchie eintreten, für die Macht des Deutschen Reiches und den Schutz der produktiven Arbeit sowie von Industrie und Handel. Die Zeitung wandte sich bewusst an die „Gebildeten“, propagierte den Nationalismus und trat für die christliche Weltanschauung ein. Ein besonderer Schwerpunkt der Süddeutschen Zeitung lag daneben auf der Wirtschaftsberichterstattung. Der Untertitel der Zeitung Morgenblatt für nationale Politik und Volkswirtschaft (später Für deutsche Politik und Volkswirtschaft) fasste diese inhaltlichen Schwerpunkte kurz und prägnant zusammen.
In der Weimarer Republik blieb die Zeitung dem neuen Staat gegenüber ablehnend eingestellt. Zum zwanzigjährigen Jubiläum der Zeitung im September 1933 hob man dementsprechend auch stolz hervor: „Die Fahnenmasten des Verlagsgebäudes haben niemals eine schwarz-rot-goldene Fahne getragen. In den vierzehn Jahren des nach-novemberlichen Kampfes wehte von ihnen nur die schwarz-weiß-rote Fahne“, dies war die Fahne des untergegangenen Kaiserreiches.(2) Dennoch war die Süddeutsche Zeitung in ihrer Beurteilung der Machtübertragung an die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 noch eher zurückhaltend. Ein Jahr später titelte sie aber schon zustimmend: „Der Jahrestag der deutschen Wende“.(3)
Mit dem 30. Juni 1934 stellte die Süddeutsche Zeitung ihr Erscheinen ein, angeblich aus rein wirtschaftlichen Gründen. Die Besitzer der Zeitung behaupteten, die Gründung der „Süddeutschen Zeitung“ sei „keine geschäftliche Angelegenheit gewesen“, sondern sie sei nur von „nationalen und ideellen Motiven“ geleitet gewesen. Zu ihrer generellen Haltung war in der letzten Ausgabe zu lesen: „Ihr Programm war national, sozial und christlich. Aus dieser Grundeinstellung heraus stand die ‚Süddeutsche Zeitung‘ in unerschütterlichem Kampf gegen die Demokratie und ihre zersetzenden Tendenzen“. Der 9. November 1918 galt jetzt als „schwärzeste[r] Tag der neueren deutschen Geschichte“. Die Zeitung habe die nationalsozialistische Bewegung schon vor der Gründung der eigentlichen NS-Presse unterstützt und „den Durchbruch zum Dritten Reich“ gefördert.(4)
Das Verlagsrecht ging mit dem Erlöschen der Süddeutschen Zeitung an den Schwäbischen Merkur über. Im Dritten Reich wurden sämtliche Zeitungen immer stärker gleichgeschaltet, bis sämtliche Unterschiede in der politischen Ausrichtung aufgehoben waren und überall ausschließlich die nationalsozialistischen Inhalte wiedergegeben wurden. Die Anzahl der Zeitungen konnte somit radikal eingeschränkt werden; zahlreiche Zeitungen wurden verboten. Die Süddeutsche Zeitung hingegen sah mit der Etablierung des nationalsozialistischen Staates wohl auch ihre ‚Mission‘ erfüllt.
Die WLB hat ihre Bestände der Süddeutschen Zeitung nun vollständig digitalisiert. Sie stehen in den Digitalen Sammlungen zur Verfügung.
Zu den Digitalisaten
Anmerkungen
(1) Alle Zitate dieses Absatzes: Süddeutsche Zeitung, Jg. 1, Nr. 1, 16.9.1913, S. 1.
(2) Süddeutsche Zeitung, Jg. 1, Nr. 1, 16.9.1933, S. 3.
(3) Süddeutsche Zeitung, Jg. 22, Nr. 29, 30.1.1934, S. 1.
(4) Alle Zitate dieses Absatzes: Süddeutsche Zeitung, Jg. 22, Nr. 175, 30.6.1934, S. 1.