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Abbildungen: Ausgewählte Werbung für das Stuttgarter Neues Tagblatt [Quellen siehe unten].  

Das Stuttgarter Neues Tagblatt – endlich digital!

Neben dem Schwäbischen Merkur war das Stuttgarter Neues Tagblatt die wohl wichtigste Zeitung in Württemberg für die Zeit vor 1945. Am Heiligabend 1843 erschien die erste Nummer dieser neuen Zeitung mit dem Titel: Neues Tagblatt. Von den frühen Jahrgängen ist in deutschen Archiven und Bibliotheken leider nur wenig im Original überliefert. Der Bestand der Württembergischen Landesbibliothek setzt sogar erst 1874, also 30 Jahre später, ein. Im Gegensatz zum eher konservativen Schwäbischen Merkur galt das Neue Tagblatt als liberale Tageszeitung. 1909 wurde die zwei Jahre zuvor gegründete Württemberger Zeitung in den Verlag des Neuen Tagblatts übernommen, beide Zeitungen erschienen aber weiterhin parallel, letztere jetzt unter dem Titel Stuttgarter Neues Tagblatt. Diesen Titel behielt die Zeitung bis zu ihrer Einstellung 1943 bei. Neuer Direktor des Blattes wurde Carl Esser (1874–1939).

Das alte Tagblatt-Gebäude befand sich am südlichen Rand der Stuttgarter Altstadt in der Torstraße. Von ihm gibt die Jubiläumsschrift zum 80jährigen Bestehen der Zeitung von 1923 einen guten Einblick. In den 1920er Jahren wurde die Zeitung von dem Industriellen Robert Bosch aufgekauft. Während der Zeit der Weimarer Republik war die Zeitung eng mit der Deutschen Volkspartei (DVP) verbunden; Carl Esser sah seine Zeitung als absolut loyal und staatstragend an. So sagte er in einer Ansprache 1928: „In diesem Sinne wollen wir auch aufrichtige Helfer der öffentlichen Körperschaften sein, um deren Autorität zu festigen und die Staatsgesinnung zu fördern“(1). Ihre republikanische und gegenüber der Moderne aufgeschlossene Haltung sah man der Zeitung auch buchstäblich an, als der Verlag von 1927 bis 1928 mit dem sogenannten „Tagblatt-Turm“ das bis dahin höchste Gebäude der Stuttgarter Innenstadt errichtete. Das 61 m hohe Gebäude im Stil der Neuen Sachlichkeit war gleichzeitig das erste Bauwerk in Sichtbeton-Bauweise in Stuttgart.

In der NS-Zeit wurde auch das Stuttgarter Neues Tagblatt „gleichgeschaltet“. Am 31. März 1943 erschien die letzte Ausgabe der Zeitung. Offiziell wurde das Einstellen des Blattes mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten im Zweiten Weltkrieg begründet: „Im Zuge der totalen Mobilmachung, die stärkste Konzentration aller Kräfte erfordert, wird das Stuttgarter Neue Tagblatt heute zum letztenmal erscheinen.“(2) Nach dem Ende von Krieg, Diktatur und Gewaltherrschaft erlebte die freie Presse in Stuttgart erst mit der Neugründung der Stuttgarter Zeitung im September 1945 eine Wiedergeburt.

Die Württembergische Landesbibliothek hat nun sämtliche Ausgaben des (Stuttgarter) Neuen Tagblatts digitalisiert und frei verfügbar in ihren Digitalen Sammlungen online gestellt. Über eine Kalenderfunktion kann auf jede Ausgabe zugegriffen werden, eine Volltextsuche durch den gesamten Bestand vervollständigt das Angebot.

 

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