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Typografie im Raum auf Ebene A1

Ein letzter Kaffee – das Ende einer Liebe?

„Es regnete und ich habe dir den letzten Kaffee angeboten“

Llovia, y te ofreci, ¡el ultimo café!

Cátulo Castillo

 

Die Strophen des Tangotexters Cátulo Castillo, verfasst im Jahre 1963, münden schließlich in diesen Vers, der eine bevorstehende Trennung („letzten Kaffee“), einen Abschied beschreibt. Den Text umgibt eine melancholische Stimmung, geprägt von Tristesse und traurigen Gedanken, zu denen der Regen passt. Diese Stimmung ist auch dem Tango (Castillos bevorzugte Gattung) und dem ihm innewohnenden Wesen der Melancholie eigen, entstanden aus seinen argentinischen Ursprüngen. Die verlorene Liebe ist ein typisches Thema des Tangos, der Tanz drückt Schmerz, Leid und Traurigkeit aus. Die Einbeziehung des aufmunternden Kaffees wirkt in gewisser Weise dieser Stimmung entgegen und erzeugt eine Atmosphäre, die von einer traurigen Leichtigkeit und Nachdenklichkeit gekennzeichnet ist.

Die Situation erinnert an die „Sachliche Romanze“ Erich Kästners, das erstmals 1928 erschienen ist und 1963 (im Jahr von Castillos Text) neu aufgelegt wurde. Es geht hier um die Traurigkeit eines Paares, das augenscheinlich ebenfalls einen letzten Kaffee trinkt, allein und schweigsam. Auch hier wirkt das Café offenbar dem Schmerz und der Traurigkeit entgegen, ein zeitloser Ort, der Geborgenheit bietet und die Trennung aufschiebt, da das Paar am Abend immer noch dort verweilt.

 

Der Text ist Teil eines künstlerischen Projekts welches die Württembergische Bibliotheksgesellschaft aus Anlass ihres Jubiläums in Auftrag gegeben hatte. Am 5. März 2024 wurde in der WLB die neue künstlerische Arbeit „Typografie im Raum“ als Geschenk ihres Fördervereins vorgestellt.

Die 16 typografischen Interventionen im Neubau greifen alltägliche Situationen und Grenzsituationen mit Stimmen aus der internationalen Weltliteratur auf. Ausgewählt wurden die Texte vom Philosophen Hannes Böhringer, künstlerisch umgesetzt vom Stuttgarter Büro Uebele.

Sie sind eine Fortschreibung der Arbeiten von Josua Reichert (aus dem Hauptgebäude) ins Zeitgenössische und Internationale. Im Rahmen einer Blogreihe werden diese Texte kurz vorgestellt. Als eine Kunst für Leserinnen und Leser können sie zum Nachdenken und zur weiteren Lektüre anregen.

Literatur zum Tango im Bestand der WLB

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