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Foto Bibliotheksgebäude der BNU: © Martin Schneider

Vive l'amitié franco-allemande!

60 Jahre Élysée-Vertrag – 20 Jahre Bibliothekspartnerschaft

Am 22. Januar jährt sich die Unterzeichnung des Élysée-Vertrags zum 60. Mal. Im deutsch-französischen Freundschaftsvertrag bestätigten Konrad Adenauer und Charles de Gaulle die Aussöhnung beider Länder nach Jahrhunderten von Erbfeindschaft und Kriegen und schufen zugleich die institutionelle Grundlage für die Annäherung der Bevölkerungen beider Nationen. Das Deutsch-Französische Jugendwerk wurde ins Leben gerufen und zahlreiche Partnerschaften zwischen Städten, Schulen und Vereinen entstanden, so auch die Städtepartnerschaft zwischen Stuttgart und Straßburg. 20 Jahre später, zum 40-jährigen Jubiläum des Vertrags, wurden mit dem vom Goethe-Institut Paris lancierten Projekt „Deutsch-französische Bibliothekspartnerschaften“ gezielt auch die Bibliotheken beider Länder zur Zusammenarbeit aufgerufen.

In diese Zeit fallen auch die Anfänge der Bibliothekspartnerschaft zwischen der Württembergischen Landesbibliothek und der Bibliothèque nationale et universitaire de Strasbourg (BNU). Ihr Initiator Dr. Hannsjörg Kowark, Direktor der Landesbibliothek von 1999 bis 2018 und persönlich geprägt durch eine deutsch-französische Biografie, erkannte in der National- und Universitätsbibliothek Straßburg den wesensverwandten Partner für die WLB. Auf französischer Seite bestand ebenfalls großes Interesse, die Sichtbarkeit rechts des Rheins zu erweitern, und so nahmen Ideen für Formen der Zusammenarbeit und mögliche gemeinsame Projekte rasch Gestalt an.

Mit der Ausstellung Impressions d’Europe erhielt die BNU knapp ein Jahr nach der ersten Kontaktaufnahme erstmals ein großes Podium außerhalb Frankreichs: In der Württembergischen Landesbibliothek tauchten zahlreiche Besucher:innen in die wechselhafte deutsch-französische Geschichte der Straßburger Bibliothek ein und entdeckten Zimelien und besondere Bestände, wie z.B. auch die eigens nach Stuttgart entliehenen unikalen Papyri, Ostraca und Keilschriften. Personelle Wechsel an der Spitze der BNU verzögerten in den darauffolgenden Jahren zwar die offizielle Besiegelung der Partnerschaft, dem regelmäßigen Austausch und Engagement für die gemeinsame Sache taten sie zum Glück keinen Abbruch. Anlässlich der ersten gemeinsam kuratierten Ausstellung In Papiergewittern zu den Kriegssammlungen beider Bibliotheken (in Kooperation mit der französischen Nationalbibliothek und der Contemporaine in Nanterre) wurde die Partnerschaft am 12. November 2008 mit Schirmherren aus Politik und Wissenschaft schließlich auch offiziell und öffentlich besiegelt. Ein reger Personalaustausch, gegenseitige Besuche bei Betriebsausflügen, Treffen zwischen Mitgliedern der Freundesvereinen sowie Kooperationen bei zahlreichen Ausstellungen haben die Partnerschaft seither lebendig gehalten und zum deutsch-französischen Dialog beigetragen.

Mit ihren umfangreichen Sanierungs- und (Um-)bauprojekten – in der BNU schon ab 2010 – schlugen BNU und WLB, wie schon so oft schon in ihrer jeweiligen Vergangenheit, eine parallele Entwicklung ein. In beiden Einrichtungen erfolgte im Zuge der baulichen Veränderungen eine Neuorientierung auf Ebene der Organisation und z.T. auch der inhaltlichen Ausrichtung. Überlegungen zu neuen Raumkonzepten, innovativen Leserservices, Sammel- und Erschließungsschwerpunkten und zur fortschreitenden Digitalisierung gehörten bei den Partnerschaftstreffen fortan genauso mit zur Tagesordnung wie der wechselseitige Erfahrungsaustausch zu Fragen der Organisations- und Führungskultur. Letzteres Thema erwies sich als so wichtig, dass ihm im November 2022 eine eigene Klausurtagung gewidmet wurde. Beim zweitägigen Workshop auf Burg Windeck im badischen Bühl berieten sich Führungskräfte beider Bibliotheken intensiv zu Veränderungsprozessen und reflektierten dabei wechselseitig ihr jeweiliges Führungsverständnis. Führung deutsch-französisch gedacht –  was vielen zu Beginn wie ein Experiment mit ungewissem Ausgang erschien, eröffnete den Teilnehmenden wertvolle neue Sichtweisen und Impulse für den Führungsalltag in den Bibliotheken. Bei Begegnungen wie diesen bilden sich Tandems, die Fachthemen gemeinsam weiterdenken und oft auch umsetzen.

Begegnungen und Netzwerke – sie sind auch Thema der Freundschaftsbücher aus vier Jahrhunderten, die vom 31. Januar an in der Württembergischen Landesbibliothek gezeigt werden. Freunde sammeln, so der Titel der gemeinsam mit der Bibliothèque nationale et universitaire konzipierten Ausstellung, kann auch als Sinnbild für die Bibliothekspartnerschaft angeführt werden, sind doch in den vergangenen 20 Jahren viele vertrauensvolle kollegiale Kontakte und zum Teil auch Freundschaften aus ihr hervorgegangen.

 

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