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Plakat zur Nationalversammlung 1919 von Erich Wohlfahrt / Flugblatt der Deutschen Demokratischen Partei, Stettin 1919. Fotos: WLB

Weimar war mehr als nur Berlin. Die Jahre 1918 bis 1933 im Blick der Forschung

Auch mehr als hundert Jahre nach ihrer Entstehung ist die Weimarer Republik für uns präsent. In Debatten über Politik finden sich immer wieder Vergleiche mit der ersten deutschen Demokratie. Die Formulierung „Weimarer Verhältnisse“ ist geradezu sprichwörtlich geworden. Die Erfahrungen der Hyperinflation prägen den deutschen Umgang mit Geldwertstabilität bis heute und werden immer wieder auf europäischer Ebene diskutiert. Die idealisierte Vorstellung der Goldenen Zwanziger lockt immer wieder Zehntausende in die Stuttgarter Weißenhofsiedlung oder in Kunstmuseen. Und die Krimiserie „Babylon Berlin“ fasziniert weltweit Zuschauerinnen und Zuschauer, indem sie mit Bildern der damals hochmodernen Metropole Berlin und ihrer Unterwelt spielt.

Doch welches Bild zeichnet die historische Forschung von der oft zu Klischees zerronnenen Weimarer Republik? Hierüber haben sich die Bibliothek für Zeitgeschichte und das Haus der Geschichte Baden-Württemberg am 17. Januar 2022 im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem Historiker Professor Dr. Benjamin Ziemann (Sheffield) ausgetauscht. Er ist zusammen mit Nadine Rossol Herausgeber des kürzlich erschienenen Werks „Aufbruch und Abgründe. Das Handbuch der Weimarer Republik“.

In seinem Vortrag streicht Ziemann unter anderem heraus, dass die ländliche Bevölkerung auch in den vermeintlich so modernen Jahren 1918 bis 1933 eine größere Rolle spielte als weithin angenommen. So war weiterhin ein Drittel der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig und viele Menschen hatten nach wie vor eine bäuerlich geprägte Mentalität. Für den Aufstieg der NSDAP waren insbesondere die ländlichen Regionen mit evangelischer Bevölkerung von großer Bedeutung, wie die neuere Forschung herausstreicht. Die Übernahme der Macht durch die Nationalsozialisten 1933 stellte eine wichtige Zäsur für das Leben der Menschen dar; man solle aber die erste deutsche Demokratie nicht nur von ihrem Ende her deuten, betont Ziemann im Gespräch, in dem er auch auf zahlreiche Fragen aus dem Chat eingeht.

Die Aufzeichnung der Veranstaltung steht nun als Video online zur Verfügung unter: https://lisa.gerda-henkel-stiftung.de/bfz_weimar

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