Ein promovierter Lehrer als einfacher Soldat
Das Tagebuch von Curt Wilhelm Michael
Tagebücher liefern Einblicke in das individuelle Kriegserlebnis der Soldaten. Die Bibliothek für Zeitgeschichte (BfZ) in der Württembergischen Landesbibliothek sammelt seit über 100 Jahren solche Egodokumente und erweitert ständig ihre Bestände. Zum Abschluss unserer Serie „Einblicke in den Großen Krieg. Tagebücher der Jahre 1914 bis 1918 online“ stellen wir das digitalisierte Tagebuch von Curt Wilhelm Michael vor.
Michael wurde am 29.12.1884 in Halle/Saale als zweiter von drei Söhnen eines angesehenen Hallenser Kaufmanns geboren. Im Februar 1915 beginnt der promovierte Lehrer ein Kriegstagebuch zu verfassen. Es ist mit Bleistift in einer Kladde in Sütterlin geschrieben und reicht zurück bis zum November 1914. Michael berichtet über die Sammlung in Magdeburg-Sudenburg, den Abschied und die erste Station in Lötzen (Masuren). Er beschreibt seinen weiteren Weg, der ihn als Funkmelder von Masuren durch Russisch-Polen bis ins heutigen Belarus führte.
Michael ist einfacher Soldat. Im Oktober 1915 kommt es zu einem Bruch in den Aufzeichnungen. Bis hierhin hatte Michael seine Erlebnisse an der Ostfront detailliert ausformuliert, bevor er zu einem stichwortartigen Stil wechselt. Die Gründe hierfür sind nicht bekannt, es könnte sich jedoch um unmittelbar erstellte Notizen handeln, deren Reinschrift nie zustande kam. Im Gegensatz zu anderen Zeitzeugen berichtet Michael recht emotional. Seine Beobachtungen reichen dabei vom alltäglichen Dasein als Soldat bis zu Gedanken über militärische Strategien und den Feind.
Die BfZ arbeitet daran, weitere Tagebücher des Ersten Weltkriegs aus ihren Beständen online zu stellen. Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist, dass ihr auch weiterhin Tagebücher aus der Bevölkerung überlassen werden.