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Foto: Rafael Glatzel, WLB Stuttgart

Fantasy-Welten in der Landesbibliothek

Am letzten Montag stand in einer Begleitveranstaltung zur Karten-Ausstellung „Fantastische Welten – Kartographie des Unbekannten“ die Bedeutung der Landkarten in den fantastischen Welten JRR Tolkiens und GRR Martins im Fokus des Interesses. Fantastische Literatur ist aber in der WLB nicht nur hier greifbar. Viele renommierte Fantasy-Autor:innen sind fester Teil ihres Bestandes. Was in einer Spezialbibliothek wie der Phantastischen Bibliothek in Wetzlar eine Selbstverständlichkeit ist, mag in einer wissenschaftlichen Bibliothek zunächst überraschen.

Der Hauptgrund für diese Vielschichtigkeit liegt im „Pflicht-Zugang“. Die WLB erhält von allen Verlagen in Baden-Württemberg (mindestens jedoch im württembergischen Landesteil) ein Exemplar abgeliefert. Zu den zentralen regionalen Aufgaben der WLB gehört deren Archivierung und Verzeichnung. Einer dieser ablieferungspflichtigen Verlage ist beispielsweise Klett-Cotta, der eine große Produktion an Fantasy-Literatur aufweist. Michael Klett, der Sohn des damaligen Verlagschefs Ernst Klett, hatte in den 1960er-Jahren Tolkiens „Herr der Ringe“ kennengelernt und dafür gesorgt, dass Tolkiens Trilogie in das Verlagsprogramm aufgenommen wurde, nachdem sie von mehreren deutschen Verlagen abgelehnt worden war. Die spätere Erfolgsgeschichte ist bekannt. Inzwischen gehört die Fantasy-Literatur dort zum unverzichtbaren Bestandteil, die Hobbit-Presse (seit 1968) hat sich längst als einschlägige Reihe etabliert. Zum Verlagsprogramm gehören namhafte Autoren wie Tad Williams, Patrick Rothfuss und Anthony Ryan, die in der Tradition Tolkiens große epische Werke verfasst haben – mit eigener Geschichte, Kultur und Geografie, mit lebendigen Schauplätzen und Charakteren in zumeist detaillierter Ausarbeitung (sogenannte „High Fantasy“). Zu nennen sind ferner die Ed. Weitbrecht (später als Imprint Piper Fantasy dem Piper-Verlag in München angegliedert) oder der Thienemann-Esslinger-Verlag im Bereich der Jugendliteratur.

Daneben erhält die WLB auch Literatur des Panini-Verlags, der zu den Unternehmen gehört, die zugleich zahlreiche Publikationen zur aktuellen Fankultur herausbringen, was auch den Fantasy-Bereich mit einschließt. Als wichtigste Beispiele seien hier „Game of Thrones“ und „Harry Potter“ genannt, die zu den erfolgreichsten Hits der aktuellen Fantasy-Szene zählen. Die Publikationen des Panini-Verlages beziehen sich vor allem auf die Verfilmungen und reichen von Führern über Westeros bis hin zum Buch der Zauberstäbe in der Welt Harry Potters.

Stuttgart hat sich inzwischen zu einer wichtigen Fantasymetropole entwickelt. Ausdruck dafür sind nicht nur die seit 30 Jahren regelmäßig stattfindenden Fantasy-Film-Festivals, sondern auch die sogenannten „Dragon Days“, ein auf verschiedene Medientypen angelegtes Fantastikfestival, das ein breites Publikum anspricht und mittlerweile fest in der Kulturszene Stuttgarts verankert ist. Dadurch hat sich ein verstärktes Interesse an Fantasy-Literatur in der lokalen Öffentlichkeit herausgebildet. Die WLB kann hier, in Ergänzung zur Stadtbibliothek, ein breites Themenspektrum anbieten, das auch die wissenschaftliche Beschäftigung mit den Fantasie-Welten einbezieht. So können sich Fans der Welt von „Das Lied von Eis und Feuer“ im Bestand der WLB z.B. auch über kulturwissenschaftliche Perspektiven dieser Welt informieren, können hier neben Einflüssen des Mittelalters auch religiösen, philosophischen und naturwissenschaftlichen Fragestellungen (mit überraschend aktuellen Bezügen) nachgehen.

Die lebendige Fantasy-Szene in Stuttgart wird nicht zuletzt durch die hier lebenden Autor:innen geprägt. Diese nutzen die Landesbibliothek zudem gerne als Arbeitsort und profitieren von ihrem breiten Bestand. So sind nicht wenige Werke der fantastischen Literatur in den Räumen der WLB entstanden, die damit zugleich ein wichtiger Ort der Inspiration ist.

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