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Fotos: Hans-Christian Pust, WLB-Stuttgart

Eine Steinkarte geht (mal wieder) auf Reisen

Vor dem Eingang zum Sonderlesesaal konnte man bis vor kurzem ein etwas unscheinbares Steinobjekt an der Wand bewundern. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Steinätzkarte. Die Methode des Steinätzens entwickelte sich um 1500 in Süddeutschland. Hierbei wird ein Motiv mit Fett auf eine Solnhofer Kalksteinplatte aufgetragen. Anschließend ätzt aufgebrachte Salzsäure alle nicht bedeckten Stellen weg, so dass die Zeichnung erhaben hervortritt.

In unserem Fall „ätzte“ der Künstler Andreas Pleninger (1555–1607) eine Karte von Württemberg. Pleninger wurde 1555 in Regensburg geboren und war in Nürnberg, Regensburg und in Österreich tätig. Heute gibt es nur noch sehr wenige dieser auf Stein geätzten Landkarten, insgesamt sind bisher ca. 30 Steinätzungen von Pleninger mit ganz unterschiedlichen Motiven bekannt, wobei zahlreiche Stücke heute nicht mehr erhalten sind.

Vorbild für die Steinkarte der WLB war das zwischen 1556 und 1596 entstan­de­ne Kartenwerk Chorographia Ducatus Würtembergici von Georg Gadner (1522-1605). Pleninger widmete die Karte mit dem Titel Chorographia Wirtenbergica Herzog Friedrich I. von Württemberg (1557–1608). Die Steinkarte ist auf das Jahr 1603 datiert und misst 144 x 109 cm. Die Kalkstein-Platte ist 5 cm dick und wiegt ca. 200 kg.

1788 berichtete der Stuttgarter Theologe und Naturwissenschaftler Gottlieb Friedrich Rösler (1740-1790), dass sich die Karte in der Kaiserlichen Bibliothek in Wien befinde. Er beschrieb die Karte auch näher, insbesondere die farbige Ausführung: Demnach waren Städte und Orte in rot gehalten, Wälder in grün und die Beschriftungen in goldener Farbe. Diese Angaben sind heute besonders wichtig, da man die Farben auf dem heutigen Original nicht mehr gut erkennen kann. Neben der eigentlichen Beschriftung sind in den beiden oberen Ecken auch noch lateinische Gedichte angebracht.

In einem Stadtführer von Stuttgart aus dem Jahr 1817 wird auch die Steinkarte in der Bibliothek erwähnt. Sie scheint also schon damals ein sehr bedeutendes Objekt aus dem Bestand der Bibliothek gewesen zu sein. Die Karte soll im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) als Kriegsbeute nach Wien gebracht worden und 1809 wieder nach Württemberg gekommen sein. Leider ließen sich diese Angaben bisher noch nicht an anderer Stelle überprüfen.

Da das Hauptgebäude der Landesbibliothek bis Ende August komplett geräumt werden musste, ist auch die Steinkarte in ein anderes Gebäude verbracht worden. Für diese diffizile Aufgabe konnte die WLB eine erfahrene Steinrestauratorin finden. Sie und ihr Mitarbeiter hoben die Steinkarte mit Hilfe eines Hubwagens und etlicher Holzpaletten behutsam von der Wand und senkten sie dann sehr vorsichtig in vielen kleinen Schritten auf eine einzelne Palette ab. Auf die Palette genagelte Stützen aus Holz halten die Karte nun so sicher und fest, dass sie transportiert werden kann (Bild rechts). Ein solches Objekt muss unbedingt stehend gelagert werden. Zusammen mit anderen wertvollen Kunstobjekten aus dem Bibliotheksgebäude ist die Steinätzkarte nun sicher in einem der Ausweichgebäude der Bibliothek untergebracht. Bevor sie dann wieder aufgehängt wird, soll sie noch umfassend restauriert – in erster Linie gereinigt – werden. Im renovierten Hauptgebäude erstrahlt sie dann hoffentlich in neuem alten Glanz.

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